Architekturbiennale Venedig
/ art. Das Kunstmagazin

Die Idee war hervorragend, die Umsetzung ist es weniger. Den Fokus der 18. Architekturbiennale von Venedig auf Afrika zu richten und die Schau von einer Frau kuratieren zu lassen, die in Ghana aufgewachsen ist, war wichtig, um dieser sonst sehr weißen und männlichen Gruppenschau einen zeitgemäßen Ton zu verleihen. Doch die künstlerische Leiterin Lesley Lokko, 1964 geborene Architekturtheoretikerin und Romanschriftstellerin, hat ihr Augenmerk so stark auf das Lesen von Schautafeln ausgerichtet, dass der Rundgang wenig stimulierend ist: Texttafeln, Fotodokumentationen und Infografiken wirken trotz eindrücklicher Themenvielfalt oft so spröde, dass man kaum meint, es mit einem räumlich-sinnlichen Medium wie Architektur zu tun zu haben – oder gar auf den Kontinent der Zukunft zu schauen, der den Themen Klimaneutralität und KI womöglich lauter neue Impulse liefert. Man hätte sich gewünscht, durch den wissenden und poetisch geschulten Blick dieser Frau in die afrofuturistische Welt von morgen zu blicken – eine, die aus den im Westen weitgehend unbekannten modernen Bauformen Afrikas schöpft und sie in ein nachhaltig gedachtes, virtuell inspiriertes und visuell bestechendes Zeitalter überführt. Doch afrofuturistisch wirkt in „Laboratories Of The Future“, so der Titel der Ausstellung, lediglich die digitale Filminstallation „African Age“ von Olakenan Jeyifous, geboren 1977 in Nigeria: Seine fröhliche Utopie eines Biotops, an dem zugleich Züge, Schiffe und Flugzeuge andocken, hätte auch hervorragend in eine Kunstbiennale gepasst, ebenso wie Liam Youngs immersiver Sci-Fi-Film „The Great Endeavour“, eine Dystopie über die Rettung der Erde mit Mega-Maschinen im Ozean und in der Wüste. Was fehlt, sind physisch erfahrbare Materialien, die für den globalen Norden neu sind und die Perspektive verändern. Da hilft auch die Präsentation von Modellen des Starchitekten David Adjaye nicht, die hier fast zu perfekt wirken. Was ebenfalls zu kurz kommt, ist das Thema China, das Afrika gerade baulich und politisch neokolonisiert. Wo sonst soll man diese beunruhigende Entwicklung darstellen, wenn nicht auf dieser Biennale?

 

Bei den Länderpavillons sticht Belgien hervor: Hier werden Baumaterialien aus pilzbasierten Strukturen gezeigt, die synthetische Dämmstoffe ersetzen und sich potentiell selbst reparieren. Der deutsche Pavillon wirkt dagegen überaus haptisch und fast wie ein Besuch im Baumarkt: Der Beitrag der letzten Kunstbiennale – Maria Eichhorns in Teilen freigelegter historischer Pavillon – wurde beibehalten und mit den Resten an Materialien gezeigt, die für Aufbau und Transport benutzt wurden. Wenn man bedenkt, was es alles schon für eine einzige Pavillonpräsentation braucht, hat Lokko mit ihrer reduzierten Haltung beinahe recht.